Als mich im September 2013 einer der
"Stammtisch-Astronomen" ansprach, ob ich im Juni 2014 mit nach Namibia
auf die Farm Tivoli kommen wollte, war ich zunächst
unschlüssig. Es ging darum, für jemanden
einzuspringen, der aus familiären Gründen absagen
musste. Dabei musste ich wohl oder übel dessen Arrangement
übernehmen, da die Farm und das astronomische Equipment
bereits komplett ausgebucht war. Das Arrangement bestand lediglich aus
einer gemieteten GP-Säule - Montierung(en), Optik(en) und
Kamera(s) musste ich selbst mitbringen. Das habe ich mir
zunächst recht einfach vorgestellt (mit einem
zusätzlichen Koffer für insges. 400,- USD) und so
sagte ich zu.
Beim Packen fiel mir dann auf, dass es doch nicht so einfach war und so
musste die ursprünglich vorgesehene HEQ5 zuhause bleiben und
ich zog mit einer kleinen iOptron SmartEQ Pro und einem modifizierten
AstroTrac los. Dazu muss man verstehen, dass ich halt ein
Redundanz-Freak bin, der sich nichts schlimmeres vorstellen kann, als
mit einer nicht funktionierenden Montierung (oder Optik/Kamera) in
Namibia zu stehen. Deshalb habe ich lieber zwei winzige, als eine
stabile Montierung mitgenommen - zumal meine HEQ5 etwas allergisch auf
ein wackeliges Stromnetz reagiert. Wenn ich könnte,
würde ich auf jede Tour auch einen redundanten Himmel
mitnehmen;-)
Als Optik habe ich in der Hauptsache einen TS Apo 65Q und ein Canon
70-200/2,8L mitgenommen und dazu noch ein paar kleinere Objektive. Die
Hauptkamera war eine StarlightXpress Trius 694 und dazu noch eine
modifizierte EOS 6D, sowie eine EOS 60Da (mit der man auch noch
"normale" Fotos machen kann). Außerdem habe ich - da auf der
Tivoli-Webseite vor evtl. längeren Stromausfällen
gewarnt wurde - einiges an Akkus mitgeschleppt, um notfalls
völlig autark zu sein. Letzteres hat sich zum Glück
als unnötig erwiesen. Nun ja - aber auf die Art bekommt man
2x23kg + 10kg Handgepäck schon locker voll;-)
Genug der Vorrede - am 20.06. ging es von Frankfurt aus endlich los und
morgens um kurz vor 7 war die Welt noch in Ordnung und wir (Helmut,
Detlev und ich) in Windhoek. Kurz darauf ging es auch schon mit einem
geschlossenen Pickup los zur Farm. Hier kommt der erste Tipp
für Nachahmer: Wenn man u.a. nach Afrika gekommen ist, um auch
ein paar exotische Tiere zu sehen, sollte man - egal wie müde
- auf der Fahrt die Kamera bereithalten. Später kommt da nicht
mehr viel...
Ich hatte jedenfalls die Kamera am Auge und konnte ein paar Viecher
erspähen:
Na ja - Löwen, Elefanten und Giraffen waren nicht dabei. Aber
immerhin...
Die Fahrt zu Farm geht ca. zur Hälfte über geteerte
Strassen - danach sieht es dann so aus:
Und wenn man mit zwei Autos unterwegs ist, sollte man tunlichst im
vorderen sizen;-)
Und noch mehr Tiere:
...dieses Mal Nutzvieh - was bedeutet, dass wir die Farm erreicht haben.
Nach einer herzlichen Begrüßung durch Kirsten
& Reinhold...
...musste dann erstmal eine Mütze Schlaf nachgeholt werden und
man traf sich um 17:00 Uhr wieder zum Abendessen.
Ein paar Worte zur Unterbringung und Verpflegung: Wir drei waren in den
drei "Messier-Appartments" untergebracht. Drei ausreichend
geräumige Zimmer mit gemeinsamem Bad (nach etwas laufenlassen
sogar mit heißem Wasser), gemeinsamer Küche und
einer Bibliothek, in der man sich Nachts um die Laptops versammeln
kann. Die Unterbringung ist einfach, aber sauber und komfortabel. Kein
Grund zu Lobeshymnen, aber auch absolut keine Klagen.
In der offenen Hütte, in der Frühstück und
Abendessen (Mittags wird geschlafen) eingenommen wird, kommt sogar
echtes Afrika-Ambiente ins Spiel. Vor allem der geniale Grill, der beim
Abendessen auch als Heizung genutzt wird, hat es mir angetan. Das Essen
ist zum Teil regional (Springbock, Kudu, sehr leckere
Kürbis-Gerichte) und zum Teil international (Lasagne oder auch
leckere Rumpsteaks) und schwankt zwischen gut und hervorragend.
Aber genug davon - wir waren ja zum Sternegucken hier und das ging
direkt nach dem Abendessen los. Zum Glück hatte ich keinerlei
Probleme mit dem mitgebrachten Equipment und konnte sofort loslegen. Da
ich alleine auf einer Betonplattform richtung Süden stand,
hatte ich meine Ruhe und hörte den Rest der Bande nur in der
Ferne fluchen;-)
Ein paar Astrofotos müssen auch sein - aber nur ein paar und
die sind nicht unbedingt chronologisch...
Der Eta Carinae Nebel ist um diese Zeit natürlich die Standard
Kerze am Südhimmel und auch die Gegend darum ist atemberaubend:
Zwischen Eta Carinae und dem Kohlensack stehen zwei weitere Objekte,
von denen das eine sehr bekannt ist - das "Running Chicken"...
...mir aber nicht so gut gefällt, was vermutlich auch an
meiner Bearbeitung liegt. Das andere Objekt - NGC3576 - hätte
den Namen viel eher verdient:
Aber auch andere, weniger bekannte Objekte, wie z.B. NGC6188
(für mich ein absolutes Highlight) sind mir ins Netz gegangen:
Das schönste Objekt aber - und da bin ich froh, dass ich es
überhaupt aufnehmen konnte - ist die große
Magellansche Wolke mit dem Tarantelnebel. Die kam leider erst am Morgen
in Sicht, so das nur eine knappe Stunde zum Belichten blieb. Trotzdem
gefällt mir sowohl die ganze Wolke, als auch der Tarantelnebel
außerordentlich...
Tja - und so ging die erste Woche dahin. Fotografieren vom
frühen Abend bis zum frühen Morgen - den Rest des
Tages verschlafen und bloß nicht das Essen vergessen. Kein
Urlaub zum Abnehmen;-)
Gegen Ende der ersten Wochen bekam ich dann so langsam Sorge, dass mir
die Objekte ausgehen. Mit meinen max. 420mm Brennweite war ich nicht
unbedingt für die Galaxienjagd gerüstet. Eine habe
ich aber doch probiert, weil sie mich schon lange fasziniert: Die
berühmte Radio-Galaxie Centaurus A:
Hier sieht man die fehlende Brennweite und auch die Grenzen meiner
Mini-Montierung doch schon deutlich...
Aber dann - um mich von diesen Sorgen zu befreien - wurde das Wetter
schlechter und die Frage stellte sich kaum noch. Zwar waren die Tage
immer noch sonnig und auch die Nächte waren nicht so
bewölkt, wie man es bei uns kennt - aber man musste schonmal
die halbe Nacht warten, bis sich eine stabile
größere Wolkenlücke zeigte. Da macht man
aus der Not eine Tugend und filmt die Wolken vor der Milchstrasse -
auch schön;-)
Kommen wir zum un-astronomischen...
Wenn man nicht die ganze Nacht herumläuft, werden die Tage auf
Tivoli ziemlich lang und beschränken sich auf's Warten auf's
Essen;-) Weil ein Freizeitpark ist die Farm nun nicht gerade. Man kann
zwar ausgedehnte Wanderungen durch die Kalahari machen...
Aber sobald man den bewässerten Wohnbereich der Farm
verlässt, läuft man Gefahr von den Fliegen
aufgefressen zu werden. Zumindest hat man sie in Mund, Nase, Augen,
etc. (welche Körperöffnungen zur Verfügung
stehen, hängt halt von der Bekleidung ab;-) und "Fliegen weit
spucken" ist kein echter Freizeitspaß...
So wurde ein kleiner Spaziergang von 2h zu einem Wasserloch in der
Nähe zur Tortur. Und am Wasserloch...
...gab es außer einer interessanten Schrecke "Master of
mimikri"...
...auch nicht viel zu sehen. Entweder war es die falsche Tageszeit,
oder wir waren zu laut.
Auch auf dem Farmgelände konnte ich nicht gerade die
"tierischen Highlights" entdecken. Interessant waren
sicherlich die Webervögel-Kolonien.
Auch ein paar kleinere Eidechsen gab es hier und da...
Und neben vielen interessanten, auch ein paar wirklich hübsche
Vögel.
Oder eine Netzteil-liebende Gottesanbeterin, die aber zum
Glück gar nicht versucht hat, das Netzteil nach dem Liebesakt
zu verspeisen. Sonst hätte ich ein Problem gehabt;-)
Aber darüber hinaus war die Tierwelt recht
überschaubar.
Da man aber nunmal zum Fotografieren nach Afrika gekommen ist, muss
zwangsläufig ein Opfer her und das fand sich jeden Abend in
immer neuer Form: Der Sonnenuntergang!
Aber auch dieses Motiv habe ich irgendwann aufgegeben. Die arme Sonne
wurde vor Scham ob der ewigen Knipserei schon ganz rot...
Und so haben wir auch die zweite Woche hinter uns gebracht und gegen
Ende der Woche wurde das Wetter auch schon wieder besser. Allerdings
störte da der Mond schon gewaltig.
Trotz der Horrormeldung, dass Air Namibia zwischenzeitlich die
Fluglizenz entzogen wurde, war der Heimflug kein Problem und so kamen
wir am 06.07. wohlbehalten wieder in Frankfurt an und sogar das Auto
stand noch, wo wir es zurückgelassen hatten.
Unterm Strich: Eine tolle Tour, die meine astronomischen und
gastronomischen Erwartungen voll erfüllt, wenn nicht sogar
übertroffen hat. Etwas enttäuscht war ich nur von der
Tierwelt in dieser Gegend von Afrika.
Für's nächste Mal würde ich dann wohl auch
eine Sternwarte mieten, um mit größeren Brennweite
auffahren zu können - oder alternativ lieber eine Rundreise
Namibia/Botswana machen und nur nebenbei ein paar Sterne knipsen.
Namibia-Süchtig bin ich jedenfalls nicht geworden - oder die
ersten Symptome zeigen sich erst, wenn ich zum ersten Mal wieder den
Nachthimmel im bergischen Land anschaue - was ich mir bislang noch
erspart habe...