Die ultracoole Selfguiding D(S)LR EOS 40D
Meine erste DSLR - eine EOS 300D - habe ich mir zu
Weihnachten
2003 selbst geschenkt. Nachdem ich beinahe ein Jahr versucht habe,
damit rote Gasnebel zu knipsen, fasste ich mir Ende 2004 zum ersten Mal
ein Herz, um diesen dämlichen Sperrfilter auszubauen.
Natürlich ging diese erste Operation am offenen Herzen
gründlich in die Hose. Irgendwie habe ich eine dieser Klemmen
für die Kunststofflaschen mit den aufgedampften Leiterbahnen
zerstört. Die Folge war, dass die Kamera nur noch remote
über
ein Notebook zu bedienen war. Nun ja - ärgerlich, aber
schön
rot...
Die zweite DSLR kam dann recht schnell - eine EOS 20D. Auch diese habe
ich dann modifiziert. Leider gab es damals den berühmten
Baader-ACF noch nicht. Deshalb habe ich mir einen richtig schmerzhaft
teuren IR-Blockfilter von IDAS gekauft, weil er zufällig die
richtige Dicke hatte. Nachdem ich mir den vom Augenoptiker um die Ecke
habe zuschneiden lassen (eine Episode für sich...), habe ich
mich
an den nächsten Kamera-Umbau gemacht, der auch beinahe
uneingeschränkt erfolgreich war. Nun ja - ein wenig Dreck ist
zwischen Filter und Chip geraten. Damit konnte ich aber leben.
Zumindest wurde ich langsam sicherer, was das Auseinandernehmen und
Zusammensetzen von Canon-Kameras anging.
Mit der modifizierten 20D habe ich dann bis Mitte 2007 geknipst und
zwischendurch habe ich für Freunde so manche DSLR umgebaut -
bis
ich mir die erste gekühlte CCD-Kamera - eine MX716 - gebraucht
gekauft habe. Die Auflösung dieser Kamera war wirklich an der
unteren Grenze des Erträglichen - aber die
Möglichkeiten der
Schmalbandfilter habene mich geradezu umgehauen. Also kam recht schnell
die nächste - eine Atik 16HR.
Da ich immer gehört hatte, wie aufwendig LRGB-Aufnahmen sind,
wollte ich ursprünglich weiter mit der 20D knipsen und die
Atik
nur für Schmalbandaufnahmen benutzen. Dann habe ich aber
irgendwann den den Test gemacht und in der gleichen Nacht parallel auf
zwei Teleskopen das gleiche Objekt (NGC7331) mit der 20D und der Atik
im LRGB-Verfahren zu fotografieren. Das Bild der Atik war derart um
Längen besser, dass ich die 20D ab sofort in der Schublade
ließ. Weil ich mir ganz sicher war, dass ich die 20D nie mehr
benutzen würde, hielt ich es für konsequent, sie -
mit allem
Zubehör, Objektiven, etc. - ganz schnell zu verkaufen. Der
erste
Fehler...
Ganz schnell habe ich allerdings festgestellt, dass es Objekte gibt,
für die sich das LRGB-Verfahren nicht eignet - z.B. Kometen.
Außerdem musste ich feststellen, dass es Objekte gibt, die
für den kleinen Chip der Atik einfach zu groß sind.
Zu guter
Letzt habe ich mich dann nach dem Kauf eines neuen Refraktors
festgestellt, dass ich mit der Atik überhaupt nicht testen
kann,
was das Teil taugt, bzw. wie gut der Flattener in den Ecken
funktioniert. Der kleine Chip der Atik ist natürlich
toleranter
gegen Randfehler, was natürlich ein Vorteil ist -
außer, man
will die Optik testen.
Also kaufte ich mir bald für kleines Geld eine gebrauchte EOS
10D.
Das Teil taugte nun aber wirklich nichts. Als der Kontostand es dann
wieder zuließ, habe ich mir dann wieder eine
vernüftige DSLR
gekauft - die EOS 40D. Nun - das Teil war ziemlich teuer und am Anfang
hatte ich soviel Erfurcht davor, dass ich noch nicht einmal den
Filterumbau selbst gemacht habe, sondern nochmal richtig Geld
dafür ausgegeben habe. Leider hielt die Kamera bei weitem
nicht,
was ich mir davon versprochen hatte und konnte ebenfalls nicht mit der
gekühlten CCD konkurrieren. Tja - der nächste Fehler?
...Ende der Vorrede...
Als mein Freund Guido dann mit seiner gekühlten EOS 300D um
die
Ecke kam, packte mich dann die Todesverachtung. Da die 40D dank ihrer
Unterlegenheit gegenüber der Atik ohnehin nur in der Schublade
gammelte, blieben mir nur zwei Möglichkeiten:
- schnell wieder verkaufen
- modifizieren, bis der Arzt kommt
Mittels oben genannter Todesverachtung entschied ich mich für
letzteres...
Des Dramas erster Teil: Peltierkühlung
Nachdem ich mir bei Conrad ein Peltier-Element und einen
Prozessorkühler, sowie im Bauhaus ein Kupferblech und bei
einem
netten Ebay-Chinesen ein USB-Thermometer besorgt hatte, ging es los.
Die Kamera wurde von der Rückseite her so weit zerlegt, bis
die
Rückseite des Chips offen lag. Aus dem Kupferblech bog und
sägte ich einen Kühlfinger, der mit
Wärmeleitpaste auf
den Chip gepappt und mit den zum Glück bereits vorhandenen
Laschen
festgeschraubt wurde. An einer Ecke habe ich noch den Temperatursensor
aufgeklebt.
Zur Ableitung der Wärme habe ich einen kleinen
Kühlkörper mit Lüfter angebracht. Mir war
schon klar,
dass es effektivere Kühler gibt - ich wollte es mit der
Belastung
des Okularauszuges aber nicht übertreiben.
Schließlich ist
die 40D ohnehin nicht gerade ein Leichtgewicht.
Leider brachte es dieser Kühler überhaupt nicht. Der
Chip kam
mit Mühe und Not auf 8° unter Umgebungstemperatur. Das
reicht
im Sommer einfach nicht, da der Chip oberhalb von 10°C
schrecklich
anfängt zu rauschen. Der nächste konsequente Schritt
war also:
Des Dramas zweiter Teil: Wasserkühlung
Nachdem ich noch ein zweites Peltier-Element in Reihe
geschaltet
hatte, erstand ich noch ein Komplettset für
durchgeknallte
PC-Overclocker, das natürlich auch für durchgeknallte
Canon-Modifizierer brauchbar war. Auch wenn die Kamera nun mittlerweile
wie eine mobile Dialysestation aussah - mit knapp 20° unter
Umgebungstemperatur war es die Sache wert:
Leider brachten schon die ersten Tests ein Problem zutage,
mit
dem ich schon gerechnet hatte: Tau!
Natürlich kondensiert die Luftfeuchtigkeit am
kühlsten Punkt
der Umgebung. Ich hatte gehofft, das sei der außenliegende
Teil
des Kühlfingers oder im schlimmsten Fall die
Rückseite des
Chips. Den Gefallen tat mir die Luftfeuchtigkeit aber leider nicht.
Während sich am äußeren Kühlfinger
richtige
Eiskristalle bildeten, setzte sich auf dem Chip leider immer noch
dicker Tau ab. Das war im Sommer bei 25°C - im Winter
würden
es auch auf dem Chip Eiskristalle sein. Also musste ich etwas gegen die
Luftfeuchtigkeit tun...
Des Dramas dritter Teil: Lufttrocknungsanlage
Zunächst habe ich mich im Internet über
die
Möglichkeiten der Lufttrocknung informiert, wobei es
eigentlich
nur zwei Wege gibt: Den chemischen (Silicagel) und den physikalischen
(Kondenstrocknung). Also habe ich mich für eine zweistufige
Kombination aus beidem entschieden. Die Luft aus einer kleinen
Aquarienpumpe und dann zuerst einen Vortrockner mit Silicagel (hier
noch ungefüllt):
Danach wird die vorgetrocknete Luft durch ein gewundenes
Rohr
geführt, welches am ohnehin vorhandenen Kühlfinger
festgelötet ist. Die restliche Feuchtigkeit kann hier
auskondensieren. Dabei blieb nur die Frage, wie ich die trockene Luft
vor den Chip bekommen sollte. Nun - da ich auch weiterhin mit
Teleobjektiven fotografieren will, blieb mir nur die Harakiri-Methode
und ich setzte den 4mm-Bohrer an, um einmal quer durch das
Gehäuse
der 40D zu bohren...
Danach war mir regelrecht schlecht und ich musste mich
erstmal
betrinken. Böse Zungen behaupten, die Reihenfolge sei gelogen
-
ich müsse vorher schon völlig besoffen gewesen sein.
Ich kann
mich nicht erinnern ;-)
Wie durch ein Wunder funktionierte die Kamera auch nach dieser Aktion
immer noch einwandfrei. Tatsächlich wirkt die Lufttrocknung
auch -
Tau ist kein Problem mehr...
Doch die Freude hielt nicht lange an. Am nächsten Tag
funktionierte der Spiegel nicht mehr. Der Motor, der den Spiegel
hochklappt, drehte zwar noch - der Spiegel jedoch nicht. Es war also
ein mechanisches Problem, für dessen Behebung ich den vorderen
Kamerateil hätte zerlegen müssen. Nein - das
hätte ich
niemals wieder zusammenbekommen...
Nachdem ich mich eine Weile geärgert hatte, wie es sich
gehört, habe ich überlegt, wie ich aus der Not eine
Tugend
machen könnte. Wozu brauche ich überhaupt den
blöden
Spiegel? Durch den Sucher sieht man ja eh nichts. Schließlich
hat
die 40D ja LiveView und ohne Spiegel brauche ich auch den Sucher und
das Pentaprisma nicht mehr. Wenn ich das alles rausrupfe bekomme ich
Platz... Platz wofür?
Des Dramas vierter Teil: Selfguiding
Ich hatte noch eine modifizierte WebCam (SC1) mit
S/W-Chip, die
ich
immer noch als Not-Guiding-Kamera in Reserve hielt. Die musste jetzt
auch noch dran glauben. Da der Platz für die komplette
Kameraelektronik im Suchergehäuse nicht ausreichte, habe ich
den
Chip einfach mit Flachbandkabeln "entkoppelt".
Zu meiner Freude hat die WebCam mir das verziehen und
funktionierte
noch. Den Chip habe ich dann mit einem kleinen Prisma in eine
notdürftig fokussierbare Einheit verbaut:
Nach dem fünften Versuch gelang es mir auch
tatsächlich, die
ganze Konstruktion so in der Kamera unterzubringen, dass der Leitstern
zusammen mit dem Bild der 40D scharf war.
Leider stellte sich die die unkonventionelle Chip-Verlängerung
an
der WebCam als nicht besonders zuverlässig heraus. Deshalb
habe
ich später nochmal alles auseinandergerupft und ein
S/W-CCD-Modul
von Conrad eingebaut. Damit ist die Leitsternsuche jetzt kein Problem
mehr.
Das Prisma steht ein wenig schief - das kompensiert aber nur die
Schiefstellung des Chips zum Prisma und war leider notwendig, um die
Fokusebene des Leitsterns über den kompletten Guidingchip
konstant
zu halten. Leider reicht der Platz im Suchergehäuse nicht
ganz, so
dass noch eine kleine Vignettierung übrig bleibt,
wo das Prisma ein wenig des Hauptchips abschattet.
Nun - ich werde wohl doch anfangen müssen,
Flatfields zu
benutzen...
Mittlerweile sind einige Wochen ins Land gegangen und das Wetter hatte
auch ein Einsehen mit mir, so dass ich die Kamera in freier Wildbahn
testen konnte.
Was die Wirkung der Kühlung angeht, bin ich jedoch restlos
begeistert. Dank der Lufttrocknungs-Anlage habe ich auch keinerlei
Probleme mit Tau oder Vereisung.
Wie sich der Unterschied zwischen 18°C und 1,5°C auf
ein
10min-Dark bei 800ASA auswirkt, kann sich wirklich sehen lassen:
Neben Darks konnte ich mittlerweile aber auch einige echte Photonen
sammeln. Aussagekräftig ist das allerdings nur in soweit, dass
man
mit der Kamera tatsächlich Fotos machen kann und dass man den
Schatten des Prismas mit ein paar Flats locker in den Griff bekommt.
Die Qualität der Bilder ist leider immer vor allem vom Himmel
abhängig - und der ist hier, im Dreieck zwischen
Düsseldorf,
Wuppertal und Köln, nunmal eher mäßig.
15.08.09 / Solingen
Orion-Newton
10" f/4,8 (254/1200mm) + TeleVue
Paracorr
Canon
EOS
40D (22,2x14,8mm 3888x2952Px 5,7x5,0µm) gekühlt mit
Selfguiding-Chip
800ASA
10x5min + 20 Flats
15.08.09 / Solingen
Orion-Newton
10" f/4,8 (254/1200mm) + TeleVue
Paracorr
Canon
EOS
40D (22,2x14,8mm 3888x2952Px 5,7x5,0µm) gekühlt mit
Selfguiding-Chip
800ASA
6x5min + 20 Flats
15.08.09 / Solingen
William
72FD
Refraktor 2,8" f/6 (72/432mm) + TeleVue
Reducer/Flattener 0,8x
Canon
EOS
40D (22,2x14,8mm 3888x2952Px 5,7x5,0µm) gekühlt mit
Selfguiding-Chip
1600ASA
13x3min + 25x1,5min
18.08.09 / Solingen
William
72FD
Refraktor 2,8" f/6 (72/432mm) + TeleVue
Reducer/Flattener 0,8x
Canon
EOS
40D (22,2x14,8mm 3888x2952Px 5,7x5,0µm) gekühlt mit
Selfguiding-Chip
800ASA
7x10min + 20 Flats
Astronomik CLS
Nachtrag/Fazit:
Mit ein wenig Abstand habe ich auch Abstand zur gekühlten DSLR
genommen. Warum? Nun - weil es mir mittlerweile wie ein Widerspruch in
sich vorkommt.
Eine DSLR für die Astrofotografie ist ein Kompromiss
gegenüber einer "echten" Astro-Kamera. Mit "echt" meine ich eine
gekühlte S/W-CCD mit LRGB- und Schmalbandfiltern. Wie jeder
Kompromiss hat die DSLR Vor- und Nachteile. Ihre Vorteile liegen in der
einfachen Bedienung, Transportabilität und Stromversorgung per
Akku.
Durch die oben beschriebene Kühlung und alles was folgte, wurde
genau dieser Vorteil der DSLR aufgehoben. Sie war weder einfach zu
bedienen, noch gut transportabel und brauchte einiges an
Stromversorgung - erreichte aber bei weitem nicht die Leistung einer
"echten" Astro-Kamera.
Sicherlich hat die Bastelei sehr viel Spaß gemacht und die
Ergebnisse können sich auch durchaus sehen lassen. Wirklich
zielführend - wenn das Ziel bessere Fotos sind - war es allerdings
nicht. Heute benutze ich eine gekühlte S/W-CCD, wenn ich die
Möglichkeit habe, die entsprechende Stromversorgung etc.
sicherzustellen. Wenn ich mobil sein will, benutze ich eine
ungekühlte DSLR. Die hat gegenüber der gekühlten DSLR
ohnehin keine Nachteile, solange es Nachts nicht über 15°C ist
- und das kommt selten genug vor. Wenn es denn mal eine klare und warme
Nacht gibt, wird es in meinen Breiten (51°12') ohnehin nicht
wirklich dunkel.
Und wenn es dann doch sein soll - z.B. im Urlaub - lebe ich gut mit der
ungekühlten DSLR, wenn ich das Dithern und Sigma-Stacking nicht
vergesse. Das bringt unterm Strich eigentlich mehr als die ganze
Kühlung;-)